Ernsthaft: Ich bin wirklich sehr gern Kunde des großen, roten Elektronikfachmarktes mit der Schweinewerbung. Obwohl der mir nächste Markt in Berlin-Neukölln ist, von dem man ja gemeinhin behauptet, das Schönste an Neukölln sei, wenn man wieder heraus kommt. Bei meinen Einkäufen bin ich immer recht schnell, sehr freundlich und fast immer kompetent beraten worden und habe eigentlich immer faire Preise gezahlt. Aus "berufsbedingten Gründen" war / bin ich nun öfters gezwungen mich von meiner angestammten Filliale abzuwenden und stattdessen die Zweigstelle im Sterncenter in Potsdam zu nutzen.

Hier ist man immer gestresst, weniger freundlich und hält - so glaube ich - Kompetenz immer noch für eine diffizile Erektionsstörung. Darüber hinaus hat sich die zweifelsohne grenzdebile Geschäftsleitung, aufgrund des großen Erfolgs, der fehlenden Lagerfläche, der Säkularisation, des Buchdrucks von Johannes Gutenberg oder sonst-warum, dazu entschlossen, den Markt umzubauen. Das ist zwar total schön und richtig toll, weil der gemeine Mediamarkt-Sterncenter-Potsdam-Kunde ja seine Gehhilfe irgendwie durch die Gänge bugsieren muss und 50% mehr Fläche da die Scheiße einfach fett rocken, für mich aber der Tod auf Raten, weil die Mitarbeiter zwar jetzt lustige gelbe Warnwesten tragen und damit bestimmt viel besser zu sehen sind, dafür aber gar nicht mehr auftauchen, weil sie statt die Kunden zu beraten, geschäftig umher wuseln, um Ceranfelder in die Fotoabteilung (!) zu tragen. Das hat umweigerlich zur Folge, dass Heerscharen verirrter Rentner fassungs- und ahnungslos vor den Kaffee-Vollautomaten oder DVD-Playern stehen bleiben und sich ihre Fragen (Wahrscheinlich: "Wo kommt da die Kassette rein?" - In beiden Fällen) selbst beantworten müssen.

Dazu kommt die zweite Gruppe Menschen: der Potsdam-Vorstadt-Prolet. Am Liebsten mit seinen wie am Spieß plärenden Bälgern unterwegs, schieben Nancy und Mike ihre getöntes Haupthaar, Bomberjacke und sich selbst durch die Reihen, um für die nächste fetzige Fete noch die neueste Justin-Timberlake-CD oder die Helmut-Lotti-Diskographie für Omma zu kaufen. Die haben's dann natürlich "total eilig", weil Mutti zur Krabbelgruppe und Vati zum VW-Blasen muss. Umgerannte Passanten (Ich!) bleiben Kollateralschaden und die schreienden Kinder sind der Soundtrack des Ganzen. Nun stehe ich da und warte darauf, dass mich einer von Warnwesten-Fritzen bedient...

Ich bin nicht anspruchsvoll, ich habe mir mein Produkt schon im Internet angeguckt, weiß Bescheid und bin auch bereit, den angegebenen Preis zu bezahlen; ich hätte es nur gerne in der Hand, um damit zur Kasse zu laufen und -fuckin' hell - zu zahlen. Aber Mandy aus MOL, Michaela aus'm Mediamarkt und Opa Paule aus Potsdam scheinen sich gegen mich und diesen Plan verschworen zu haben. Wenn ich doch mal das Glück habe und einen freundliche Fleischwarenfachverkäufer ausfindig zu machen, fragt entweder gerade Opa Heinz, weshalb sie keinen Bohrhammer haben und vorallem, warum (argh!) oder welche VHS-Videokassette besser ist (Kein Scheiß!) oder Mandy zieht und zubbelt mir ihr verzogenes Mistvieh 'Kevin' in den Weg!
"Lass ditt, Kevin! Ditt jehöat nisch de Mutti! Ey Sie, mit'de Weste, bleimm'se ma stehn!"

Ich übe mich also in Geduld und zügle mich, Kevin nicht Vollspann in's Country-A-bis-H-Regal zu treten, bis ich endlich einen vakanten Warnwesten-Menschen finde, schneide ihm geschickt die linke Flanke ab und kreise ihn zwischen Produkt-Terminal und Scartkabeln ein.
"Können Sie mir bei den Kopfhörern weiterhelfen?"
"..."
"Entschuldigung?"
"..."
"Hallo?"
"Was wollen sie bitte?"
"KÖNNEN SIE MIR BEI DEN KOPFHÖRERN WEITERHELFEN???"

Endlich halte ich das Produkt in den Händen, lasse Nancy mit Doublehead-Babybomber (Doppel-Kinderwagen) freundlicher Weise noch an der Kasse vor und komme endlich raus da. Sau - sau - saumäßig, ich sag's euch...